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Laura Deichl

Harze, Räucherwerk und altes Heilmittel

Aktualisiert: 6. Nov. 2023

Harze werden in Kulturen um die ganze Welt seit Urzeiten als Räucherwerk und Heilmittel eingesetzt. Ein kleiner Überblick und ein paar Rezepte aus den gängigsten heimischen und nicht-heimischen Harzen.



Harze werden in Kulturen um die ganze Welt seit Urzeiten als Räucherwerk und Heilmittel eingesetzt. Während man bei uns oft nur noch das Räuchern mit orientalischen Harzen wie Weihrauch oder Myrrhe kennt, wissen die wenigsten noch um die Kraft unserer heimischen Harze und schon gleich nicht um deren Einsatz als Heilmittel. Meist findet man bei uns das Harz der Fichten und Kiefern. Seltener aber sehr wertvoll ist Lärchenharz. Vor allem im Alpenraum wurde es schon vor langer Zeit für seine Heilwirkung geschätzt. Aber auch die Knospen der Schwarzpappel enthalten Harze, sowie unsere Obstbäume 'harzähnliche' Gummis und Balsame.


Wie folgt ein kleiner Überblick über die gängigsten heimischen und nicht-heimischen Harze, Informationen zur deren Einsatz beim Räuchern, sowie ein paar Rezepte aus der überlieferten Heilkunde.


Fichtenharz


Die Fichte (Picea abies) ist ein alter Schutzbaum, der die materielle mit der transzendentalen Welt verbindet. Sie steht für für Fruchtbarkeit und Lebenskraft, für weibliche, mütterliche Geborgenheit kombiniert mit Resilienz und großer Stärke. In der Mythologie gilt die Fichte als Wohnsitz von Feen, Geistern und anderen Naturwesen. Die Fichte wird seit jeher als heiliger Baum verehrt. Bei den Germanen war eine riesige Fichte eines der größten Heiligtümer – die ‚Irminsul’, die symbolisch für den Weltenbaum stand.


Schon lange bevor orientalische Harze zu uns nach Europa gelangten, wurde Fichtenharz zum Räuchern verwendet. Die Fichte unterstützt hierbei unsere Klarheit. Sie bringt alte Wunden zur Heilung ans Licht. Sie erdet uns und weist den Weg, wenn wir uns verirrt haben. Sie hilft bei Selbstzweifeln und Zukunftsängsten. Sie unterstützt uns Verstrickungen zu lösen und unserem Herz zu folgen. Die Fichte hat beim Räuchern zudem eine kräftigende und aufbauende Wirkung. Sie fördert die Konzentration, wirkt klärend und reinigend auf Geist und Aura. Traditionell wird Fichtenharz auch für Reinings- Heil- und Schutzräucherungen verwendet.


Fichtenharz gilt seit jeher als durchblutungsfördernd, desinfizierend, schmerzlindernd, antirheumatisch und wundheilend. In der Heilkunde wird das Fichtenharz vor allem in heilsamen Salben gegen Muskelbeschwerden, Rückenschmerzen, Rheuma oder Gicht verarbeitet ('Pechsalbe'). Auch bei Husten soll der Rauch des Fichtenharzes die Beschwerden lindern.


Lärchenharz


Lärchenharz findet man im Vergleich zum Fichtenharz sehr selten. Doch ist es vor allem im Alpenraum seit jeher als ein kraftvolles Heilmittel geschätzt (dort auch bekannt unter 'Lörget'). Die Lärche (Larix decidua) ist die einzige unter unseren Nadelbäumen, die ihre Nadeln im Winter abwirft. Im Alpenraum gilt auch sie als Schutzbaum und Sitz der Naturwesen.


Ähnlich dem Fichtenharz wirkt auch das Harz der Lärche durchblutungsfördernd, antiseptisch, entzündungshemmend und wundheilend. Auch das Lärchenharz wurde dabei meist zu einer Salbe verarbeitet, in ihrem Einsatz ähnlich der Fichtenharzsalbe (siehe oben). Beim Räuchern wirkt das Lärchenharz reinigend, stimmungsaufhellend und unterstützt unsere geistige Klarheit.


Weihrauch


Der Weihrauch ist das getrocknete Harz der Boswellia Bäume (Boswellia spp.), von denen es etwa 20 bis 30 Arten gibt, die alle im orientalischen Raum beheimatet sind. Sie gehören wie die Myrrhenbäume zu den Balsambaumgewächsen (Burseraceae).


Der Weihrauch unterstützt beim Räuchern das Männliche, Transzendentale und Geistige, so wie die Myrrhe für das Weibliche, Irdische, Körperliche steht. So wurden in alten Zeiten oft beide Harze zu gleichen Teilen verräuchert – der Weihrauch für die Durchdringung der Materie mit Geist, die Myrrhe um uns der Magie der Materie selbst zu öffnen. Weihrauch wurde auch schon im alten Ägypten, bei den Römern und Griechen zum sakralen Räuchern verwendet, sowie heute noch in der katholischen und orthodoxen Kirche. Der Weihrauch öffnet den spirituellen Raum und unseren Zugang ins Geistige. Bei der Hausräucherung wirkt er segnend und reinigend. Weihrauch hilft bei der Kontaktaufnahme mit den Ahnen und unterstützt die Lösungsarbeit. Weihrauch wurde auch in der Heilkunde schon vor langer Zeit eingesetzt. Er wirkt unter anderem entzündungshemmend, antibakteriell, schmerzlindernd und antidepressiv. Weihrauch wird unter anderem eingesetzt bei Asthma, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Rheuma und Arthrose, sowie Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis, aber soll auch bei Multipler Sklerose sowie Gehirnerkrankungen wirken.



Myrrhe


Die Myrrhe ist das getrocknete Harz der Myrrhenbäume (wie Commiphora myrrha), die in Vorderasien und Nordafrika zu finden sind. Sie gehören ebenfalls zu den Balsambaumgewächsen und wachsen als dorniger Busch oder Strauch. Das orangebraune Harz wird in Handarbeit abgesammelt und getrocknet.


Die Myrrhe wird seit Urzeiten zu sakralen wie heilkundlichen Zwecken verwendet. Wie der Weihrauch das Männliche, Transzendentale und Geistige verkörpert, so repräsentiert die Myrrhe das Weibliche, Irdische und Körperliche. Myrrhe kommt etymologisch vom arabischen Murr ‚bitter’, was ihren balsamischen, aber leicht bitteren Geruch und Geschmack beschreibt. Die Myrrhe öffnet beim Räuchern unsere Intuition und verbindet uns mit der Erde, der Großen Mutter. Die Essenz der Myrrhe ist das Achten und Würdigen des Weiblichen. Die Myrrhe eignet sich daher besonders, wenn in einem Familien- oder Haussystem das Weibliche außer Balance ist oder geringschätzt wird, oder in der Vergangenheit dahingehend auch Gewalt ausgeübt wurde. Zudem unterstützt sie unser Ja zur Schöpfung und allem was ist, und hilft uns bittere Themen zu akzeptieren und verstoffwechseln. Zum Erden können wir einem Menschen die Fußsohlen mit Myrrhe räuchern.


Die Myrrhe wird ebenso in der überlieferten Heilkunde eingesetzt. Schon im alten Ägypten nutzen die Menschen sie zum Einbalsamieren, als Heilmittel und zum Räuchern. In der Antike wurde die Myrrhe bei Husten und Heiserkeit eingesetzt. Auch Hildegard von Bingen empfahl sie bei Gelbsucht und Magenschmerzen. Sie enthält ätherisches Öl, Harze, Gumme, Bitterstoffe und Schleimstoffe. Sie wirkt schleimhautschützend, entzündungshemmend, wundheilend, krampflösend und antiseptisch. Sie wird heute vorwiegend bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum, bei Zahnfleischproblemen, Entzündungen im Darmtrakt sowie Reizdarm verwendet. Anwenden kann man die Myrrhe dabei als Tinktur oder Salbe. HINWEIS: Nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit verwenden.


Styrax


Unter dem Namen Styrax werden verschiedene Harze unterschiedlicher Gattungen zusammengefasst. Oft meint man damit aber das Harz des Orientalischen Amberbaums (Liquidambar orientalis), das einen wunderbar aromatischen, vanilligen Geruch hat. Da das Harz aber sehr klebrig ist, sind im Handel meist in dem Harz getränkte Kohlestückchen erhältlich.


Styrax wurde auch schon in vorchristlicher Zeit zum Räuchern zu sakralen Zwecken eingesetzt. Es wirkt ausgesprochen herzöffnend, entspannend und harmonisierend auf Körper, Geist und Seele. Es unterstützt bei Kummer und stärkt unsere Seelenkräfte. In der griechischen Antike war Styrax der Hekate, Göttin des Herzens, des Zaubers, des Todes und der Wandlung geweiht. Es unterstützt Vergebungsprozesse und unsere Bejahung dessen, was ist. Zudem stärkt es unser Vertrauen und eignet sich daher wunderbar zum segnenden Räuchern für Neuanfänge (z.B. Einzug, Einweihungen, Hochzeiten, Rituale zum Neubeginn). Auch in der Heilkunde kommt Styrax zur Anwendung. Die Verwendung ist schon bis in die Antike dokumentiert und vor allem in der Arabischen und Traditionell Chinesischen Medizin zu finden. Styrax wurde dabei unter anderem beim Husten, Parasiten, Magengeschwüren, Schlaganfällen oder Brustschmerzen, Wunden und Verbrennungen angewendet.

Pappelknospen


Pappelknospen sind mit einer harzähnlichen Schicht überzogen und haben ein würzig, warmes, balsamisches Aroma. Sie werden sowohl als Räucherwerk als auch als Heilmittel eingesetzt.


Die Pappel gehört zu den Weidengewächsen (Salicaceae). Sie wächst bevorzugt in Gewässernähe, an Flüssen und in Auenwäldern. Auch sie ist in der griechischen Mythologie der Göttin Hekate zugeordnet und wird seit jeher als ein mystisch-magisches Gewächs betrachtet. Das Holz der Pappel hat kein Harz, dieses wird lediglich über ihre Knopsen ausgeschieden.


Beim Räuchern verströmen Pappelknospen ein würzig warmes, balsamisches Aroma. Der Rauch wirkt dabei entspannend, beruhigend und führt und zurück in unsere Mitte. Zudem hat er eine leicht bewusstseinserweiternde Wirkung, weshalb eine Pappelknospenräucherung gerne für Divinationsrituale, aber auch für die Kommunkation mit Wesen aus der geistigen Welt eingesetzt wird.


Pappelknospen werden auch in der Heilkunde eingesetzt. Sie haben eine antimikrobielle, entzündungshemmende und entspannende Wirkung. Aufgrund der enthaltenen Salicylderivate wirken sie zudem schmerzlindernd. Pappelknospen werden als Tinktur, Öl, Oxymel oder Salbe bei Muskelschmerzen, Bronchitis oder entzündlichen Hauterkrankungen eingesetzt. In der Gemmotherapie kommen sie zudem bei Gefäßerkrankungen, bei Kopfschmerzen, Rheuma oder schlecht heilenden Wunden zum Einsatz.


HINWEIS: Knospen immer nur sehr achtsam und in sehr kleinen Mengen sammeln. Von jedem Baum nur einige wenige nehmen.



Rezepte


Fichtenharzsalbe


Eine alte überlieferte Anwendungsform ist die Harzsalbe (oder Pechsalbe). Sie soll besonders bei Muskel- und Gelenkschmerzen, Rheuma oder Zerrungen hilfreich sein. Bei Erkältungen auf die Brust aufgetragen wirkt sie lindernd auf die Beschwerden. Häufig wird sie auch als Zugsalbe eingesetzt.


30 g gereinigtes Fichtenharz (oder auch Kiefer, Lärche)

30 g Pflanzenöl

3 g Bienenwachs


Harz und Öl im Wasserbad in einem alten Gefäß (oder gleich im Salbentiegel) langsam erhitzen bis sich das Harz löst. Bienenwachs zugeben und schmelzen. Abkühlen bis die Salbe fest ist.


Myrrhentinktur


Die Myrrhe kann wunderbar als Tinktur eingesetzt werden. Myrrhentinktur wird in der überlieferten Heilkunde äußerlich bei kleineren Wunden und Entzündungen im Mund und Rachenraum eingesetzt, innerlich auch bei Darmbeschwerden. Harze brauchen einen sehr hohen Alkoholgehalt (ca. 90 % vol.) zum Ausziehen. Hier kann man zum Beispiel Ethanol aus der Apotheke verwenden.


100 ml Alkohol (90 % vol.)

20 g Myrrhenharz


Das Harz im Mörser vermahlen und in ein Schraubglas geben. Mit dem Alkohol aufgießen und für etwa 4 Wochen bei Zimmertemperatur ziehen lassen, dabei ab und zu durchschwenken. Zum Gurgeln empfiehlt die überlieferte Heilkunde 5-10 Tropfen in einem Glas Wasser aufzulösen, für die innerliche Einnahme 1-3 Mal täglich 5 Tropfen in ein Glas heißes Wasser und nach 5 Minuten einnehmen.


Weihrauchtee

Weihrauchtee ist wunderbar aromatisch und eigentlich mehr ein Genussmittel als ein Heilmittel.


1 TL Weihrauch

1 TL Grüntee (oder Schwarztee, Kräutertee)

200 ml Wasser


Weihrauch im Mörser pulverisieren. Mit Tee mischen und in einen feinen Teefilter geben. Mit siedendem (nicht kochendem) Wasser übergießen und je nach gewünschter Intenstität ca. 5-10 Minuten ziehen lassen.



Pappelknospenoxymel


Oxymel ist eine uralte Methode um Kräuterauszüge herzustellen und wurde schon von Hippokrates erwähnt. Übersetzt bedeutet der Begriff einfach Sauerhonig. Schon die einfache Mischung aus Honig und Apfelessig ist eigentlich bereits ein Heilmittel - entzündungshemmend, stoffwechselanregend, antibakteriell und vitalisierend. Besonders wird das Oxymel jedoch für seine Extraktionskraft geschätzt.


Für das Basisoxymel etwa 3 Teile Honig mit 1 Teil Apfelessig mischen. Für das Schwarzpappelknospenoxymel ein Schraubglas zu etwa einem Fünftel mit Schwarzpappelknosospen (frisch oder getrocknet) füllen und mit dem Basisoxymel übergießen. Für etwa 2-4 Wochen an einem relativ dunklen Ort ziehen lassen, dabei täglich einmal täglich leicht durchschwenken. Bei Bedarf einen Esslöffel davon in Wasser verdünnt einnehmen.


Hinweise zum Sammeln und Verarbeiten von Harzen


Harze immer vorsichtig sammeln und darauf achten, dass die Wunden des Baums schon verheilt sind und das Harz dort nicht mehr gebraucht wird. Harze müssen vor Verwendung zunächst einige Zeit trocknen. Das kann je nach Harz gut mehrere Monate bzw. Jahre dauern. Falls man das Harz von Verunreinigungen wie Rinde oder Nadeln befreien will, erhitzt man es in einer alten Pfanne und gießt es durch ein feinmaschigen Sieb (nur altes, nicht mehr benötigtes Equipment verwenden!) und gießt es auf ein Backpapier. Vorsicht, es wird dabei sehr heiß (am besten Handschuhe tragen. Harze sind nicht wasserlöslich, man reinigt Gegenstände bei Bedarf mit Alkohol oder Öl.



Weiterführende Literatur:


Johann, Kevin (2020). Gold der Bäume. Harze, Gummis und Balsame als Heilmittel und Räucherstoffe. Freya Verlag.





Hinweis: Diese Informationen ersetzen nicht die Beratung eines Arztes, Apothekers oder Heilpraktikers. Alle erwähnten Heilpflanzen haben wissenschaftlich belegte Wirkugnen oder haben ihre Tradition in der überlieferten Heilkunde und werden schon lange erfolgreich eingesetzt.






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